Sexuelle Missbrauchsfälle in der Kirche
Zu den meist vor vielen Jahrzehnten geschehenen sexuellen Missbrauchsfällen in den christlichen Kirchen sowie zu ihrer heutigen Aufarbeitung habe ich eine differenzierte Meinung.
Was ich akzeptiere und für notwendig erachte
- Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Missbrauchsfälle von christlichen Würdenträgern (Priester etc.) und Erziehern an schutzbefohlenen Minderjährigen in der Verantwortung der katholischen und evangelischen Kirche liegen zwar weit überwiegend Jahrzehnte zurück, dennoch sind sie unentschuldbar und müssen mit aller Härte des zivilen Strafrechts für die noch lebenden Täter geahndet werden (Direkttäter).
- Da es kaum noch lebende Direkttäter gibt, müssen auch alle verantwortlichen Indirekttäter zur Veranntwortung gezogen werden. Dies sind i.d.R. alle hierarchisch übergeordneten Institutionen und Personen, welche die Missbrauchsfälle in Kenntniss ihres Amtes verdrängt, stillschweigend geduldet oder gar geschützt haben. Der Schutz der "Unbeflecktheit" der höchsten Moralinstanz Kirche wurde in diesen Fällen weit überwiegend höher eingestuft als der Schutz von minderjährigen Kindern vor sexuellem Missbrauch. Dieses Verhalten der Verantwortlichen ist völlig unentschuldbar und widerspricht vor allem dem Geist des Religionsgründers Jesus Christus in jeder Beziehung.
- Falls noch lebende Indirekttäter in der Kirche weder eine nachgewiesene persönliche Schuld bedauern, noch einen Rücktritt von ihren Ämtern verweigern, müssen sie zivilrechtlich belangt und von ihren Ämtern entfernt werden.
- Selbst wenn keine direkte Verantwortung von Indirekttätern nachgewiesen werden kann, gilt ein sog. Systemisches Versagen der "Organisation Kirche", welches zumindest finanzielle Entschädigungen für die noch lebenden missbrauchten Opfer rechtfertigt. Dies ist für mich direkt vergleichbar mit den sog. Reparationszahlungen des deutschen Staates für die Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Täter können überwiegend nicht mehr belangt werden, aber die Sühne der Schuld wird weitervererbt, auch wenn damit überwiegend viele Unschuldige solidarisch in Mithaftung genommen werden und ggf. Nachteile hinnehmen müssen.
Was ich nicht akzeptiere
Viele Kritiker der Missbrauchsfälle in den Kirchen gehen heute weit über Sühne und Entschädigung hinaus - sie fordern in der höchsten Konsequenz sogar die völlige Abschaffung der christlichen Kirchen. Die mildeste Form sind noch massenhafte Kirchenaustritte. Auffällig sind vor allem die hohen finanziellen Entschädigungsforderungen der Opfer bzw. ihrer organisierten Vertretungen. Vielfach ist dabei nur noch ein Vernichtungsfeldzug atheistischer Kräfte gegen Religion und Kirche erkennbar, welcher nur noch an die dunkelsten Zeiten des Nationalsozialismus und Kommunismus erinnert.
- Folgender Widerspruch ist dabei für mich besonders sichtbar:
Die Missbrauchsfälle in den Kirchen und sonstigen schutzbefohlenen öffentlichen Einrichtungen (z.B. Odenwaldschule) wurden fast ausschließlich von pädophilen bzw. schwulen Männern begangen. In der öffentlichen Kritik wird jedoch weitgehend diese sexuelle Neigung der Täter unterdrückt. - Ausgerechnet "sexual-liberale" Parteien wie FDP, Grüne, Linke und SPD stehen jedoch an vorderster Front in der Kritik an den Missbrauchfällen der Kirchen. Welch grandiose Scheinheiligkeit - man kritisiert sexuelle Übergriffe der eigenen Klientel! Die grundlegende Verurteilung der Kirchen ist bei den meisten Kritikern vielfach wesentlich höher als die Verurteilung der sexuellen Neigungen der Täter.
- Man fragt sich daher: Was kritisieren die Kirchenkritiker überhaupt? Die Missbrauchsfälle, welche viele Kritiker im zivlilen Leben weitgehend dulden oder sogar selbst begehen, oder die Scheinheiligkeit der Kirchen?